Herrmann Automation

Zentrum für Virtuelles Engineering

Frauenhoferinstitut.

Das neue Zentrum für Virtuelles Engineering ZVE ist so innovativ wie die Forschungsarbeiten selbst. Dabei leistet die ganzheitliche und flexible Gebäudeautomation einen wichtigen Beitrag, um alle Nutzungsmöglichkeiten und das gesamte Energiesparpotenzial zu erschließen. Realisiert wurde das komplexe Automatisierungskonzept durch die Herrmann GmbH als Systemintegrator, der durch die offene Steuerungstechnik von Beckhoff optimal auch auf Änderungen während der Planungs- und Bauphase reagieren konnte.

Das Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO beschäftigt sich mit aktuellen Fragestellungen rund um den arbeitenden Menschen. Das wissenschaftliche Know-how des IAO in den Bereichen Virtual Engineering und Workspace Innovation floss – z. B. als digitalisierter Planungs- und Bauprozess sowie 3D-Visualisierung in Virtual Reality – kontinuierlich in die Gestaltung des im Juni 2012 eröffneten Zentrums für Virtuelles Engineering ein. Dort arbeiten Forscher und Ingenieure interdisziplinär an diesen Technologien sowie an innovativen Arbeits- und Bürokonzepten.

Modernes Gebäude mit neuester Gebäudetechnik

Die Büro- und Laborflächen im ZVE lagern sich auf vier Etagen – über 3200 m² – um ein offenes Atrium an. Dabei wurde auf die konventionell strikt getrennten Labor- und Bürobereiche verzichtet. Vielmehr sind die primären Funktionsbereiche der Wissensarbeit – Labor, Büro und Besprechung – miteinander räumlich verzahnt, sodass sich die Laufwege minimieren und die Kommunikation in den Teams optimiert wird. Der jeweilige Arbeitsplatz ist kein bestimmtes Büro oder Labor, sondern wird nach den aktuellen Arbeitsbeziehungen und Ressourcenanforderungen gewählt. Je weiter man sich dabei vom offenen Kern des Gebäudeinneren entfernt, desto mehr Ruhe kehrt in die einzelnen Bereiche ein, um auch konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen. Zudem wird die Nutzung der Büroarbeitsplätze mit jeder Ebene nach oben hin flexibler.

Ebenso zukunftsweisend wie das Gebäude selbst ist auch seine Energietechnik, wie Heinz Kühner, Baubeauftragter des Fraunhofer IAO für das Projekt ZVE, erläutert: „Unser Energiekonzept basiert auf einer Geothermieanlage mit mehreren 170 m langen Erdsonden zur Gewinnung von regenerativer Energie aus dem Erdinneren. Diese wird durch Wärmetauscher und betonkernaktivierte Decken zur Kühlung und Grundlastheizung ergänzt. Neben wassergefüllten Rohren befinden sich in den Decken auch luftgefüllte Kunststoffkugeln. Über diese Hohlkörperdecken konnte der Betonbedarf und damit die statische Belastung zugunsten höherer Spannweiten und stützenfreier Räume reduziert werden. Der Tank der Sprinkleranlage wird als Energiespeicher für Abwärme aus dem Gebäude, z. B. von den Rechnerräumen oder den Hochleistungsprojektoren der Virtual-Reality-Laboratorien, genutzt.“

Ganzheitliche Gebäudeautomation schöpft alle Effizienzpotenziale aus

Eine umfassende Gebäudeautomation, mit über 7000 Datenpunkten, regelt bedarfsgerecht Wärme, Kälte, Lüftung bzw. Licht, Verschattung und Einzelraumregelung. Ergänzend analysiert ein Energiemess- und -monitoringsystem die Wirkung der verschiedenen Maßnahmen. Hieraus ergibt sich die optimale Grundlage für einen möglichst energieeffizienten Gebäudebetrieb. Den Erfolg der zahlreichen Aspekte einer innovativen Gebäudeinfrastruktur – vom Schallschutz durch Absorptionsmaterialien für tieffrequente Geräuschanteile über die präsenz-, tageslicht- und arbeitsplatzabhängige Steuerung der LED-Beleuchtungstechnik bis hin zur Überwachung der Luftqualität per CO2-Konzentration – belegt nicht zuletzt die Gold-Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).

Die offene, PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff bietet zudem den Vorteil einer sehr hohen Flexibilität, wie sie für den hohen Anspruch des ZVE bezüglich der unterschiedlichen Arbeitsbereiche unabdingbar ist. Dazu erläutert Martin Balb, Leiter Gebäudemanagement des Fraunhofer IAO: „Unser Konzept der verzahnten Bürobereiche reicht vom klassischen Zellenbüro über Teambüros bis hin zu Gruppenbüros und offenen Büroflächen. Dort kann man bedarfsgerecht die passenden Fachgruppen oder auch fachübergreifende Teams zusammenbringen. Wichtig ist hierbei vor allem, möglichst schnell mit den richtigen Mitarbeitern und den passenden Bürofunktionalitäten auf die jeweiligen Arbeitsanforderungen zu reagieren.“ Und Michael Falkenstein, Teamleiter Gebäudeautomation beim Systemintegrator Herrmann, ergänzt: „Um dies gebäudetechnisch umsetzen zu können, war es enorm wichtig, dass jederzeit Umstrukturierungen möglich sind. Daher haben wir komplett auf eine Festverdrahtung verzichtet. Pro Etage steuern zwei Embedded-PCs CX5020 alle Funktionen dieser Gebäudeebene. Die I/O-Datenpunkte sind über entsprechende, in der Wandverkleidung installierte Busklemmen mit Ethernet-Buskoppler BK9050 angebunden und vernetzt. So ist beispielsweise die gesamte Lichttechnik über den DALI-Standard flexibel per Bussystem eingebunden. Daher sind uns keinerlei Grenzen hinsichtlich etwaiger Umstrukturierungen mit entsprechend anzupassenden Regelungsflächen gesetzt.“

Offenes Steuerungssystem vereint heterogene Gebäudewelt

Hauptargument für die Wahl von PC-Control von Beckhoff war für Heinz Kühner die Systemoffenheit: „Aufgrund der zahlreichen Partnerunternehmen war schon während der Planungsphase klar, dass viele verschiedene Bussysteme abzudecken sind. Und PC-Control hat dies als offene Steuerungstechnik optimal, d. h. kostengünstig und ohne aufwendige Sonderlösungen, ermöglicht. Hinzu kommt die Kompetenz des Systemintegrators Herrmann, der nicht nur über umfassendes Know-how in der Gebäudeautomation und -leittechnik, sondern auch über langjährige Erfahrungen mit der Beckhoff-Technik verfügt.“

Nutzen konnte Michael Falkenstein sein Wissen hierbei in besonderem Maße: „Bei keinem unserer Projekte zuvor waren so viele verschiedene Bussysteme zu integrieren wie beim ZVE. So musste beispielsweise der proprietäre und recht anspruchsvolle Bus der elektrisch verstellbaren Fenster eingebunden werden. Umgesetzt haben wir dies mit einem speziellen LON-Gateway, das dann wiederum sehr einfach über die LON-Busklemme KL6401 in das Beckhoff-System einzubinden war. Insgesamt ließ sich die heterogene Automatisierungstechnik mit PC-Control in idealer Weise, d. h. sehr schnell und flexibel, umsetzen. Große Vorteile bietet dabei auch die Software TwinCAT mit dem leistungsfähigen System Manager, über die sich die Bussysteme und z. B. auch unsere eigene, komplexe HLK-Bibliothek einfach und effizient verbinden lassen. Gepaart mit dem breiten Spektrum an Busklemmen, sind solch komplexe Projekte überhaupt erst mit vertretbarem Aufwand umsetzbar.“ Bereits in früheren Projekten bewährt habe sich zudem die auch für das ZVE geplante Anbindung der Medientechnik über den TwinCAT Crestron Server. Vorgesehen sei dies für die größeren Besprechungsräume sowie im 3D-Interaction-Lab.

Einen weiteren Vorteil der Offenheit sieht Martin Balb: „Im laufenden Planungs- und Bauprozess gab es auch aufgrund des Technologiewandels einige Veränderungen. So stand beispielsweise die LED-Lichttechnik zu Beginn, im Jahr 2006, praxistauglich noch gar nicht zur Verfügung. Dieser dynamische Prozess konnte mit einem offenen System wie PC-Control sinnvoll realisiert werden. Ohne dies hätte man wahrscheinlich die gesamten Bussysteme parallel laufen lassen müssen, mit immensem Aufwand für Installation, Inbetriebnahme und Wartung.“

Komplett PC-basierte MSR-Technik

Mit PC-Control umgesetzt hat Systemintegrator Herrmann die komplette MSR-Technik des ZVE, d. h. Heizung, Lüftung und Kälteanlagen sowie Einzelraumregelung bzw. Beleuchtung und Beschattung. Zum Einsatz kommen acht Embedded-PCs CX5020 als Etagen-Controller, weitere vier CX5020 als Controller für Geothermie, Heizung/Rückkühlung, Wetterstation und Anlagencontrolling sowie zwei CX9010 für die DMX-Etagensteuerung. Insgesamt 56 Ethernet-TCP/ IP-Buskoppler BK9050 dienen als Datensammler für Digital-I/Os, Fensterkontakte sowie EnOcean- und DALI-Komponenten. Zwei weitere BK9050 erfassen die Informationen der Elektro-Unterverteilung. All diese Daten stehen dann auf einem Server der Gebäudeleittechnik (GLT), dem Anlagenmanagement, dem Energiemesssystem und dem Web-basierten Energiemonitoring in atvise zur Verfügung, die jeweils auch von der Herrmann GmbH realisiert wurden.

Als Kommunikationssysteme dienen Realtime-Ethernet als Controllernetzwerk, OPC UA für die Kommunikation mit dem Server und als MBE-Netzwerk, DALI zur Lichtsteuerung, EnOcean für die Bewegungsmelder und die Temperatur-/ Helligkeitsmessung, LON für die Ansteuerung der Fenster sowie DMX zur Ansteuerung der Leuchtmittel und Lichteffekte. Dazu erläutert Michael Falkenstein: „Im ZVE arbeiten relativ viele und vor allem ständig miteinander kommunizierende Controller. Hieraus ergibt sich ein sehr hohes Datenvolumen, das mit Realtime-Ethernet aber problemlos bewältigt werden kann. Zudem setzen wir dieses Kommunikationssystem schon lange ein und kennen daher seine Vorteile, wie Multicast-Funktionalität, Zuverlässigkeit und einfache Handhabung. Die Entscheidung für OPC UA fiel ebenfalls leicht, denn die geforderte Funktionalität zur Anbindung von Visualisierung und Energiemonitoring hat zu Beginn der Planungen nur dieses Protokoll geboten. Hinzu kam als weiterer Vorteil, dass in sämtlichen Funktionsbausteinen für die Einzelraumregelung die OPC-UA-Variable bereits direkt instanziert ist, was den Engineeringaufwand immens reduziert hat.“

Automatisierungstopologie einer ZVE-Etage

Automatisierung sorgt für komfortablen und energieeffizienten Gebäudebetrieb

Die Etagencontroller CX5020 übernehmen die Hauptaufgaben für den energieeffizienten Gebäudebetrieb, d. h. die Einzelraumregelung inklusive der Steuerung der Beleuchtung und Beschattung, sowie der Raum Konditionierung und der Primär Energieversorgung. Dabei wird nicht nur auf einen minimierten Energiebedarf, sondern auch auf möglichst hohen Nutzungskomfort geachtet. So sind die Räume mit Präsenzmeldern sowie tageslicht- und arbeitsplatzabhängiger Beleuchtungssteuerung optimal automatisiert. Über das Hochfahren des außen liegenden Sonnenschutzes lässt sich bei Bedarf der Wärmeeintrag der Sonnenstrahlung energiesparend nutzen. Der innen liegende Blendschutz vermeidet dann ein zu grelles Licht am Arbeitsplatz. Weiterhin lassen sich über die Gebäudeautomation sämtliche Fenster in Abhängigkeit von den Innentemperaturen steuern, um z. B. im Sommerhalbjahr früh morgens das Gebäude zu lüften und so zu Beginn der Arbeitszeit ohne zusätzliche Kälteleistung auf angenehm kühle Temperaturwerte zu kommen. Im Blickpunkt steht dabei immer der Büronutzer, der die automatisch eingestellten Werte an seinem Arbeitsplatz manuell nach seinen Wünschen verändern kann.