Aus Gebäuden intelligente Gebäude zu machen, so lautet die Mission der Herrmann GmbH aus dem schwäbischen Plüderhausen. Der Mittelständler bietet Dienstleistungen rund um die Automatisierungs- und Gebäudeleittechnik über Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Datennetze, Kälte- und Klimatechnik bis hin zu Wartung und Service. Entsprechend befindet sich der größte Teil der rund 80 Mitarbeiter regelmäßig auf Projekten vor Ort bei namhaften Kunden im Großraum Stuttgart im Einsatz.
Das hausintern entwickelte Extranet-Portal hercon -Projekt-Zeit, ursprünglich lediglich zur Ablösung der Arbeitszeit- und Projektdatenerfassung in Excel gedacht, hat im Lauf der Jahre permanente Erweiterungen bis zur umfassenden Projektunterstützung erfahren. Damit hat das verteilte Team heute nicht nur jederzeit den vollen Überblick über erbrachte und abgerechnete Leistungen, die jüngst hinzugekommenen Team-Funktionen machen das Portal zudem zum zentralen Anlaufpunkt für den internen Informationsaustausch.
“Ende 2007 ging es bei uns nicht viel anders zu als in den meisten mittelständischen Betrieben“, erinnert sich Walter Greiner, Entwicklungs-Ingenieur bei Herrmann. „Jeder einzelne Mitarbeiter musste wochenweise einen Excel-Erfassungsbogen mit den geleisteten Arbeitsstunden ausfüllen, ausdrucken und unterschreiben und dann bei seinem Teamleiter abgeben. Der hat die Angaben dann geprüft, abgezeichnet und an die kaufmännische Abteilung weitergeben, wo die Zeiten nach erneuter Prüfung wieder abgetippt wurden, bis sie endlich in unserem ERP-System KWP landeten.“Dass so mindestens eine halbe Arbeitsstelle nur für die Erfassung bereits elektronisch vorliegender Daten aufgewendet wurde, stieß sauer auf. Außerdem war das Vorgehen bei oft zehn oder 20 Buchungen pro Mitarbeiter ausgesprochen fehlerträchtig.
Aus diesem Grund erhielt Herr Greiner den Auftrag, eine Projektdatenerfassung für den hausinternen Einsatz zu entwickeln. Allerdings mit der Vorgabe, dass die grundlegenden Arbeitsabläufe gleich bleiben sollten: Wochenbasierte Erfassung, Prüfung durch den Teamleiter, dann die kaufmännische Prüfung, schließlich die Übergabe an die KWP-Software. Nur sollten die einzelnen Schritte nicht mehr separat erfolgen, sondern eine durchgängige Softwareunterstützung erfahren. Die Erfassungsmaske etwa musste nicht nur sicherstellen, dass alle Arbeitszeiten vollständig und lückenlos erfasst werden, sondern durch direkten Zugriff auf die KWP-Datenbank auch dafür sorgen, dass nur die momentan aktiven Projekte zur Auswahl angeboten werden.
Gefragt: Web-Programmierung ohne HTML-Komplexität
Eigentlich wären diese Vorgaben für das Entwicklungsteam leicht zu realisieren gewesen – schließlich verfügten Herr Greiner und seine Kollegen über langjährige Erfahrungen in der Windows-Programmierung. Gegenüber früheren Projekten kam hier jedoch noch die Herausforderung hinzu, dass die Mitarbeiter auch vor Ort beim Kunden, zuhause oder mobil auf die neue Applikation zugreifen sollten. Ohne durchgehende VPN-Anbindung an das Firmennetz kam also nur eine echte Web-Anwendung infrage. „Diese mit Visual Studio und ASP.NET in HTML zu entwickeln, war für uns allerdings kein gangbarer Weg“, berichtet Greiner. „Für jede halbwegs anspruchsvolle datenbankorientierte Aufgabenstellung wird die Komplexität damit einfach viel zu groß.“
Auf der Suche nach Alternativen zur HTML-Programmierung stieß der Softwarespezialist im Internet auf eine Empfehlung für das Open-Source-Framework Visual WebGui. In den folgenden Wochen entstand das Grundgerüst der neuen Anwendung. Die Geschäftslogik entwickelte Greiner in seiner gewohnten Entwicklungsumgebung Visual Studio, das Front-End entstand unter Rückgriff auf die speziellen Controls des Visual-WebGui-Werkzeugkastens ebenfalls in diesem Werkzeug. Für die Datenspeicherung sorgte eine eigene SQL-Server-Datenbank, zusätzlich wurde diejenige der KWP-Software für Lesezugriffe angebunden. Da Veränderungen an den Daten dieser Fremdsoftware grundsätzlich nicht direkt durchgeführt werden sollten, erfolgte die Übergabe von Projektdaten ebenso wie alle andere Datenänderungen ausschließlich per Dateiaustausch über die von KWP vorgesehenen Schnittstellen.
Der Appetit kommt beim Essen
Im Frühjahr 2008 konnte das erste Team in der Zentrale mit der Anwendung arbeiten. Nach und nach kamen die weiteren Teams hinzu, bis mit der Außenstelle Esslingen/Mettingen und den Vor-Ort-Teams bei Kunden schließlich alle 80 Mitarbeiter produktiv waren. Das Feedback war ausgesprochen positiv: Obwohl die Software im Browser und damit ohne Installation auf jedem Internet-fähigen PC lief, bot sie allen Komfort einer modernen Desktop-Anwendung. Vor allem sorgte sie mit ihren separat auf die Arbeitsabläufe von Mitarbeiter, Teamleiter und Verwaltung abgestimmten Funktionen und die Datenanbindung an KWP bei allen Beteiligten für erhebliche Arbeitserleichterung, aber auch für Komfortgewinn – etwa durch die automatische Verwaltung von Gleitzeitkonten, die Abwicklung der Urlaubsplanung oder die Übergabe geleisteter Arbeitsstunden und Nebenleistungen an die Gehaltsabrechnung.
Mit der intensiven Nutzung des Portals entwickelten sich rasch auch zusätzliche Ideen zu dessen Weiterentwicklung. So wünschten sich die mobilen Anwender Zugriff auf weitere Informationen aus der KWP-Datenbank, die sonst nur innerhalb des Firmennetzwerks abrufbar waren. Eine erste Softwareerweiterung ermöglichte es den Mitarbeitern, Kontakt- und Artikeldaten herauszusuchen. „Die Anforderungen haben sich in der täglichen Praxis permanent weiterentwickelt“, beschreibt Greiner das pragmatische Vorgehen. „Wenn der Mitarbeiter vor Ort beispielsweise ein Ventil oder eine Pumpe sucht und es gibt 70 Stück zur Auswahl, kann er heute einfach nach der Bestellhäufigkeit sortieren und sehen, welche vermutlich am ehesten in Frage kommt.“
Die Projektunterstützung wächst
Aus einer anfangs noch rudimentären Erzeugung von Arbeitsnachweisen auf Papier, die die Grundlage jeder Projektabrechnung bilden, ist bis 2010 ein integrierter Prozess geworden, der neben den Arbeits- und Wegezeiten der Projektmitarbeiter sowie diversen Zuschlägen mittlerweile auch das für das jeweilige Projekt bestellte Material umfasst. Ist der Arbeitsnachweis vom Kunden unterschrieben, geht alles automatisch an die Verwaltung zur Abrechnung. „Früher konnte es schon einmal vorkommen, dass ein Arbeitsnachweis verloren geht und nicht abgerechnet wird“, erinnert sich Greiner. „Heute würde das sofort auffallen.“
Auch deshalb, weil das Portal jedem Projektleiter eine tagesaktuelle Auswertung seiner aktiven Projekte mit Auftragssumme, Ist-Aufwand an Material und Lohn, Aufmaß und tatsächlich abgerechneten Posten zur Verfügung stellt.
Teamfunktionen runden das Bild ab
Mit all diesen Funktionen hat sich die Web-Anwendung innerhalb ihrer dreijährigen Betriebszeit zur zentralen Anlaufstelle für alle Mitarbeiter entwickelt. Diesem Fakt tragen die Anfang 2011 in Betrieb genommenen Teamfunktionen Rechnung, die hercon -Projekt-Zeit zu einem regelrechten Mitarbeiterportal aufgewertet haben. So bündelt heute eine Wissensbasis mit verschiedenen Kategorien den Erfahrungsaustausch der weit verstreuten Mitarbeiter. Ähnlich erlaubt die Dokumentenverwaltung mit Volltextsuche den Zugriff etwa auf Besprechungsprotokolle oder Word- und Excel-Vorlagen für die verschiedensten Zwecke. So kann jeder Mitarbeiter, der Zugang zu einem Internet-Browser hat, von überall aus arbeiten, als wäre er im Büro und hat das gesammelte Wissen für seinen Bereich zur Verfügung.
„Als wir 2008 damit anfingen, hätten wir uns niemals träumen lassen, dass aus der überschaubaren Zeiterfassung eine so zentrale Unternehmensapplikation werden würde – zumal die Entwicklung parallel zu unseren eigentlichen Aufgaben erfolgen muss
und somit nur eingeschränkte Entwicklungskapazität zur Verfügung steht“, fasst Herr Greiner die Erfolgsstory zusammen. Wobei das letzte Kapitel noch nicht geschrieben sein dürfte: Mittlerweile interessieren sich auch andere KWP-Nutzer für den Einsatz von hercon -Projekt-Zeit. „Damit hat die Entwicklung noch einmal ganz neuen Schwung erhalten.“